Das Bundesverkehrsministerium hat Eckpunkte für eine Änderung des Personenbeförderungsgesetzes vorgelegt. Damit hat sich das Ministerium viel Zeit gelassen, um ein Vorhaben umzusetzen, das CDU, CSU und SPD bereits Anfang letzten Jahres in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben haben: Über die Nahverkehrspläne sollen „soziale Standards zum Schutz der Beschäftigten sowie qualitative und ökologische Standards auch für eigenwirtschaftliche Verkehre gelten“, also für solche, die ohne öffentliche Zuschüsse arbeiten. Dieses Vorhaben der schwarz-roten Koalition ist ein Ergebnis des politischen Drucks, den ver.di in dieser Sache aufgebaut hat.
Mira Ball, Leiterin der ver.di-Bundesfachgruppe Busse und Bahnen, ist jedoch enttäuscht von dem nun vorliegenden Vorschlag aus dem Ministerium: „Das Eckpunktepapier gibt nichts Konkretes her.“ Dabei habe der Bundesrat längst einen fertigen Änderungsentwurf beschlossen. Das Eckpunktepapier weise hingegen handwerkliche Fehler auf. So sollen soziale Standards für den Öffentlichen Personennahverkehr, ÖPNV, in den Nahverkehrsplänen der Länder festgelegt werden können. „Das ist aber unsinnig, da der ÖPNV Sache der Kommunen ist“, stellt Ball fest. Auch lasse das Papier nicht erkennen, dass es um eigenwirtschaftliche Verkehre gehe.
Eine Änderung des Personenbeförderungsgesetzes fordert ver.di seit Langem. 2013 war es von der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung geändert worden. Seither haben eigenwirtschaftliche Anträge automatisch Vorrang, wenn Kommunen ihre Linien im ÖPNV ausschreiben. Dann muss nicht mehr geprüft werden, ob sie sich an Tarif- oder andere Standards halten. Das hat bereits Arbeitsplätze gekostet oder Tarifstandards mussten abgesenkt werden („ver.di news“ berichtete).
Keine Pflichten
Viel konkreter ist das Eckpunktepapier allerdings, wenn es um private OnDemand-Verkehre geht. Damit sind Fahrdienste gemeint, bei denen man meist per App für sein individuelles Fahrtziel eine Fahrgelegenheit bucht. Dahinter verbergen sich unterschiedliche Anbieter wie Moia in Hamburg, Berlkönig in Berlin oder Uber. Für solche Dienste sieht das Bundesverkehrsministerium konkrete Erleichterungen vor – und dadurch stehen sie zukünftig in noch stärkerer Konkurrenz sowohl zum ÖPNV als auch zu den Taxen. „Diese Dienste hätten keine Pflichten, könnten fahren, wo sie wollen, und ihre Preise dabei selbst festlegen“, kritisiert Ball.
Sollten die Rechte von Mietwagenverkehren gegenüber den Taxen tatsächlich ausgeweitet werden, sollten Mietwagenfahrten auf den ländlichen Raum, Mittel- und Oberzentren begrenzt werden, meint Ball. „Dort würden sie im Gegensatz zum Einsatz in Großstädten auch die Aufgabe der Ergänzung des ÖPNV erfüllen.“ Heike Langenberg
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